Flughafen Erfurt
Luftfahrtgeschichte der
Landeshauptstadt
Erfurt des Freistaates
Thüringen
Interflug - Betrieb Agrarflug

Entwicklung des Agrarfluges in der DDR



Entwicklung     Betriebsakademie     Bukarester Vereinbarungen      Agrarflugerprobung     Hubschrauber     Auszeichnungen     Literatur


Entwicklung des Agrarfluges

Mit dem Aufbau des sozialistischen Luftverkehrsbetriebes im Jahre 1955, wurde auch an den Aufbau eines Betriebsteils Wirtschaftsflug gedacht. Im Statut wurden hierfür folgende Aufgaben festgelegt:

- Durchführung von Flügen für geologische, geodätische, kartographische und meteorologische Zwecke;

- Flüge zur Schädlingsbekämpfung in der Land- und Forstwirtschaft;

- Flüge zum Ausbringen von Dünger auf land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen.

Nach erfolgreichem Abschluss der Versuchsflüge durch das damalige Luftfahrtunternehmen CSA-AGROLET aus der CSSR mit einem Flugzeug vom Typ K 65 in der Schädlingsbekämpfung, die in den Monaten August und September 1956 durchgeführt worden waren, wurden Voraussetzungen für die Schaffung eines eigenen Agrarflugunternehmen begonnen. In dieser Zeit erfolgte auch die Gründung des Wirtschaftsfluges, der in den Anfangsjahren die Aufgaben der Betriebe Agrarflug und Spezialflug (FIF) vereinigte.

Mit der Leitung und dem Aufbau des Betriebsteils Wirtschaftsflug wurde Willi Gorzel betraut. Seine ersten Mitarbeiter waren Walter Britt, Kurt Schinkewitz, Helmut Zanner und Sigfrid Zoske. Ihnen und weiteren Kollegen wie Helmut Brauer, Horst Voigt, Kurt Hanne, Siegfried Eipert, Rudi Neundorf, Karl-Heinz Nöring ist es zu danken, dass mit viel Initiative und unermüdlichen Eifer der Wirtschaftsflug in der DDR von Anfang an einen beachtenswerten Aufschwung nahm.

Bis zum Frühjahr 1957 wurde die Zeit genutzt für die Beschaffung von Flugzeugen und Ausrüstung, sowie die Ausbildung des Personals.

Am 20. März 1957 erfolgte der erste  aviochemische Einsatze des Wirtschaftsfluges der Deutschen Lufthansa im Volkseigenen Gut Wesendahl,  Kreis Strausberg.  Zur Verfügung standen unseren Piloten das Mehrzweckflugzeug L-60 "Brigadyr" aus der CSSR.

Bereits am 7. August 1957 kam das neue Landwirtschaftsflugzeug vom Typ AN‑2 bei der Kartoffelkäferbekämpfung über einem 12‑ha‑Schlag der LPG Görke, Kreis Anklam zum Einsatz.

Die AN‑2‑Besatzung Staender/Grimm und Malsch/Fröhlich haben in der Zeit vom 12.‑20. Mai 1958  3 000 ha Waldfläche  gegen Eichenschädlinge mit Bekämpfungsmitteln beflogen und dadurch einen Forstschaden von nahezu 1,8 Millionen Mark verhüten helfen.

Das Flugzeug hat seine Bewährungsprobe in der Land- und Forstwirtschaft bestanden.

Der Einsatz des Wirtschaftsfluges nahm bald einen solchen Aufschwung, dass zur ökonomischen Bearbeitung der landwirtschaftlichen Großflächen, die im Ergebnis der Umgestaltung der Landwirtschaft (Zusammenschluss einzelner Bauernhöfe in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften - LPG), bei Anklam, Kyritz, Magdeburg und am Flughafen Berlin-Schönefeld /Südteil Stützpunkte errichtet wurden. Im Januar 1970 kam zur bestehenden Werft des Betriebes Agrarflug auf dem Flughafen Leipzig‑Mockau, der Agrarflugstützpunkt Leipzig  hinzu, der die südlichen Bezirke betreute.

Mit der Zunahme des Leistungsumfanges machte sich auch eine Erweiterung des Flugzeugparks erforderlich. So begann man ab 1967 mit der Einführung eines neuen Flugzeugmuster aus der CSSR. Im Frühjahr 1967 kamen die ersten  zwei Z-37 und eine Z-37-2 für die Umschulung. Im Herbst 1967 und Anfang 1968 folgten weitere 49 Z-37 vom Herstellerwerk LET  Kunovice/CSSR.

Ende Januar 1968 begann ein Experimentaleinsatzes der Z‑37 in den Agro-Chemischen Zentren (ACZ) Schafstädt und Laußig in Anwesenheit von Vertretern der ACZ, des Instituts für Mineraldüngung der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaft und des Bezirkskomitees für Landtechnik. Zweck war die Erprobung neuer Organisationsformen für den Agrarflug mit dem neuen Flugzeug.

1968 erfolgte eine Umstrukturierung bei der INTERFLUG. Aus dem Wirtschaftsflug wurde der Betrieb Agrarflug mit dem Stützpunkt Spezialflug, aus dem 1978 der Betrieb Bildflug hervor ging.  Zum Tag des Agrarfluges auf der agra 68, am 5. Juli 1968 in Leipzig‑Markkleeberg, wurde das neue Agrarflugzeug Z‑37 vorgestellt. Mit der  Umrüstung auf den Agrarflugzeugtyp Z‑37, erfolgt 1970 die Außerdienststellung des Agrarflugzeuges L‑60.

Ab 1970 bildeten sich sich in allen Bezirken der DDR die ACZ  aus den zentralen Düngerlagern einschließlich der Dünger- und Pflanzenschutzbrigaden der BHG (bäuerliche Handelsgenossenschaft) und LPG (landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft). Diese ACZ waren nun die Vertragspartner mit der INTERFLUG, Betrieb Agrarflug. Es wurden langfristige Charterverträge auf Typ und Flugstundenbasis abgeschlossen.

Mit der Einführung des Hubschraubers Kamow KA-26 bei der INTERFLUG/Spezialflug im Jahre 1970, wurde er neben leichten Arbeiten beim Spezialflug (Foto-, Kontrollflüge) auch für aviochemische Flüge in der Landwirtschaft genutzt. Ab 1974 erfolgte der Einsatz vom Betrieb Agrarflug. Er wurde hauptsächlich in den  Mittelgebirgslagen der südlichen Bezirke Erfurt, Gera, Suhl und Karl-Marx-Stadt  und im Obstbau und Spezialkulturen eingesetzt. Hier zeigte sich die spezifische Wirkungsweise des Hubschraubers, wo durch den Rotorluftstrom das Sprühmittel auch an die Unterseiten der Pflanzen gelangt. In den 80-er Jahren kamen dann alle KA-26 vom Betrieb Spezialflug (FIF) zum Betrieb Agrarflug.

In der Zeit zwischen 1975 und 1982 wurden weitere Bezirksstaffeln aufgebaut (Erfurt 1975, Halle 1982) und Werften des Betriebes Agrarflug in Betrieb genommen (Barth 1976, Erfurt 1977 und Fürstenwalde 1979).

Ab 1979 erfolgte die Zuführung neuer Agrarflugzeuge aus Polen (PZL-106A 1979, M-18A 1985 und PZL-106BR 1987), die die Z-37 aus tschechoslowakischer Produktion ablösen soll. Trotzdem wurde die Grenznutzungsdauer für einige Flugzeuge vom Typ Z-37/Z-37A auf über 8 000 Flugstunden verlängert, um diese auch noch nach 1990 einsetzen zu können.

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Betriebsakademie

  Von der anfänglichen Ausbildungsstaffel in Leipzig-Mockau, an der die Umschulung von der L-60 auf das neue Flugzeugmuster Z-37 und die Ausbildung neuer Agrarpiloten erfolgte, entwickelte sich daraus 1972 das Aus- und Weiterbildungszentrum des Betriebes Agrarflug. Im Oktober 1976 erhielt das Zentrum den Status einer Betriebsakademie (BAK), das am 12. Juni 1977 mit dem Namen "Arthur Pieck" ausgezeichnet wurde.

Die Hauptaufgabe der Betriebsakademie war:

Die Ausbildung von Berufsflugzeugführern der Klasse II (bis 5 700 kg Abfluggewicht) und von Luftfahrttechnikern als Stationsmechaniker für die Agrarflugzeuge. An dieser Ausbildung nahmen auch ausländische Staatsbürger teil.

Weiterbildung des lizenzsierten Personals, sowie theoretische und praktische Jahresüberprüfungen. Ausbildung an den neu eingeführten Computern und deren Programmen.

Unterstützung der Mitarbeiter des Betriebes Agrarflug, die an der Agraringenieurschule "Edwin Hoernle" in Halle und Wettin, ihr Fernstudium aufnahmen.

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Bukarester Vereinbarungen

In Übereinstimmung mit dem Beschluss der Ständigen Kommission des Rates der gegenseitigen Wirtschaftshilfe (RGW) für Transportwesen, Sektion V "Luftverkehr", wurde am 19. Oktober 1969 in Bukarest von Vertretern aus der VR Bulgarien, der Ungarischen VR, der DDR, der Mongolischen VR, der VR Polen, der UdSSR und der CSSR eine Vereinbarung zwischen Betrieben bzw. Organisationen der RGW-Länder zu Fragen der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Einsatzes von Luftfahrzeugen in der Volkswirtschaft abgeschlossen. Sie erhielt die Bezeichnung "Bukarester Vereinbarung". 1973 trat ihr die Republik Kuba, 1979 die Sozialistische Republik Vietnam bei.

Die Bukarester Vereinbarung diente als Grundlage für die Lösung aller Fragen der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Einsatzes der zivilen Luftfahrzeuge in der Volkswirtschaft der genannten Länder. Bei den periodisch stattgefundenen Konferenzen in den verschiedenen Ländern wurden Fachvorträge in verschiedenen Sektionen gehalten Das Spektrum reichte über Entwicklungstendenzen, Düngungsarten, Applikationsgeräte, Waldbrandbekämpfung, Fernerkundung, Kranflug, Vorführung neuer Luftfahrzeuge aus der CSSR, Polen, Rumänien und der UdSSR. Die DDR war mit den Direktoren und Fachpersonal der Betriebe Agrarflug und Spezialflug (FIF) der INTERFLUG vertreten.

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Agrarflugerprobungsstützpunkt in Ogkeln

Agrarflug: Man nehme ein Flugzeug, baut ein Behälter, setzt es in das Flugzeug, füllt es mit Chemikalien und los geht es mit dem Befliegen der Felder.

Aber so einfach ist es nicht. Für diese Arbeit benötigt man ein eigens für diese Aufgabe konstruiertes Flugzeug. Leistung des Triebwerkes, Chemikalienzuladung, Einsatzspektrum, Start- und Landefläche und vor allem der Einsatz spezieller Applikationsgeräte spielt dabei eine große Rolle. Hinzu kommt die Aufbereitung der einzelnen Chemikalien.

Die verschiedenen Dosierungen und Aufwandmengen in den einzelnen Arbeitsarten fordern verschiedene Applikationsgeräte.

Arbeitsart Dosierung/Aufwandmenge
 Pflanzenschutz 0,5 - 25 l/ha
 Flüssigdünung bis 150 l/ha
 Feststoffdünger 50 - 500 kg/ha
 Waldkalkung 2,5 t/ha

Zur Qualitätsverbesserung der Ausbringung dieser  Parameter, wurde am 12. August 1976 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe "Aviotechnologie" geschaffen in der folgende Einrichtungen vertreten waren:

Institut für Düngungsforschung Leipzig
Institut für Pflanzenschutzforschung Kleinmachnow
Institut für Pflanzenernährung Jena
VEB Ausrüstungen für Agrochemische Zentren Schafstädt
INTERFLUG  Betrieb Agrarflug

In den folgenden Jahren kamen noch folgende Einrichtungen hinzu:

Institut für Forstwissenschaften Eberswalde
Institut für Agrarökonomie Neetzow
Bereich Pflanzenproduktionsforschung der Akademie der Landschaftswissenschaften
Zentrale Prüfstelle für Landtechnik Potsdam-Borium
Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List" Dresden
Kombinat für Agrochemie, Zentralstelle für Anwendungsforschung Cunnersdorf
Agrochemisches Zentrum Rackith
   

Heft Agrarflug-Erprobungszentrum

In Rechtsträgerschaft des Institutes für Düngungsforschung Leipzig und mit Beteiligung der INTERFLUG Betrieb Agrarflug wurde ein zentraler Agrarflugerprobungsstützpunkt (AFES) 1981 bis 1983 in Ogkeln (südlich Wittenberg) aufgebaut und am 4. November 1983 seiner Bestimmung übergeben. Er diente als Experimentalbasis für die Durchführung von applikationstechnischen Untersuchungen mit Agrarflugzeugen.

Hier wurden auch die neuen Agrarflugzeuge hinsichtlich ihres Arbeitsspektrums getestet bevor sie zur praktischen  Erprobung in den einzelnen  Betriebsteilen eingesetzt wurden.  PZL-106BR, PZL-106BT, M-18A, Z-37T, Z-137T.

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Agrarpiloten der Interflug mit gecharterten Hubschraubern

Vom 11.01.1988 - 04.03.1988 erfolgte die Umschulung erforderlicher Hubschrauberführer und Stationsmechaniker für jährlich 2 bis 3 Mi-2 (Charter von von AEROFLOT). Die theoretische und praktische Ausbildung erfolgte bei der  Hubschraubereinheit des MdI  (Volkspolizei)  auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld. Die Piloten für die Hughes MD-500 erhielten in den Monaten April und Mai 1990 ihre Einweisung in Ochtendung/BRD, beim Deutschen Helikopter Dienst GmbH (DHD).

   

 

  Während die Maschinen Hughes MD-500, die mit IF-Piloten geflogen wurden, ihre  Kennzeichen  beibehielten:  D-HALT,  D-HMEN, D-HDOR, D-HFUG, D-HJUX, wurden die Kennzeichen der gecharterten sowjetischen Hubschrauber, vom Typ Mi-2 ohne Piloten, für die Dauer im Agrarflugeinsatz in der DDR, auf DDR-Kennzeichen umregistriert und an der Kabinentür das Hoheitszeichen (DDR-Flagge)  angebracht. Als  Kennzeichen sind bekannt: DDR-SJV bis DDR-SJZ. Einige Kennzeichen wurden in den Folgejahren bis 1990 mehrfach verwendet.

   

Mi-2  der  AEROFLOT  mit  Kennzeichen:

 

DDR-SJX

 

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Kollektive und Auszeichnungen

Urkunde Juri Gagarin   Verabschiedung Gagarin auf dem Flughafen Erfurt

Anstecknadel Agrarflug

Anstecknadel Agrarflug

Medaille für vorbildliche Leistungen im Agrarflug

 

   

Leistungsspange für 1000 Flugstunden

  Wie in anderen Betrieben in der DDR, so wurde auch bei der INTERFLUG in den einzelnen Kollektiven  um einen Ehrenname "gekämpft ".

"Leistungsspange für fliegendes Personal"

 hier:  für 1.000 Flugstunden

 

  Das Beispiel zeigt die Verleihungsurkunde für die Staffel Erfurt des Betriebsteils IV (Süd) mit dem Namen
"Juri Gagarin".
 
Foto:  Juri Gagarin  bei der Verabschiedung aus Thüringen am  

19. Oktober 1963 auf dem Flughafen Erfurt.

 

Am 1. Mai 1973 wurde der Betrieb Agrarflug mit dem Orden "Banner der Arbeit" Stufe I  ausgezeichnet.

Am 1. Mai 1977 wurde die Betriebsakademie der Agrarfluges mit dem Orden "Banner der Arbeit" Stufe III  ausgezeichnet.


Literatur

Agrarflug in der DDR; Autorenkollektiv unter Federführung von Walter Britt (INTERFLUG); 1975

Flugzeuge der DDR  Band 1; von Detlef Billig und Manfred Meyer; 2002   (L-60, AN-2)

Flugzeuge der DDR  Band 2; von Detlef Billig und Manfred Meyer; 2002   (Z-37, KA-26)

Flugzeuge der DDR  Band 3; von Detlef Billig und Manfred Meyer; 2003   (PZL-106, M-18)




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