Anfänge und Flugsport
Flugsport ab 1952
Zur Vorgeschichte
Auf das Verbot jeglicher Fliegerei nach dem 2. Weltkrieg setzten sich die Segelflieger in Ost und West seit 1950 verstärkt für die Wiederzulassung des Segelflugsports ein.
Im Januar 1950 wurde in der Deutschen Demokratischen Republik das Verbot des Segelflugsports aufgehoben. Bereits im April 1950 wurde unter Regie der Freien Deutschen Jugend in Ribnitz-Damgarten der erste Auswahllehrgang für Fluglehrer durchgeführt und am 16.April 1950 führte, der aus Jena stammende Karl Liebeskind, der seit Juli 1938 Träger des internationalen Leistungsabzeichen „Silber C“ ist, mit einem „Grunau Baby II b“ den ersten Segelflugstart nach 1945 aus.
Am 26. Juli 1950 fasste der Zentralrat der Freien Deutschen Jugend (FDJ) auf Drängen flugbegeisterter Mitglieder einen Beschluss zur Gründung von Interessengemeinschaften für den Segelflug. Doch es fehlte an Fluggerät. In einer Produktionsstätte in Schmiedeberg/Erzgebirge wurde ab Oktober 1950 der Schulgleiter SG-38 gebaut. 1951 kam noch der Typ „Grunau Baby II b“ hinzu. Mitte 1953 wurde die Produktion nach Gotha verlegt. Hier entstand auch die Go 530, später als FES 530 Lehrmeister bezeichnet. (FES - Forschungs- und Entwicklungsstelle). Ab 1955 wurden Segelflugzeuge nur noch in Lommatzsch hergestellt.
Die Anfänge in Thüringen
Die Vorbereitungen für die Wiederzulassung des Segelflugsports in Thüringen durch die FDJ begann 1949 durch den damaligen Landesvorstand der FDJ in Erfurt. 1950 wurde ein Theorielehrgang für den Segelflug in Schwarzburg für ganz Thüringen organisiert. Doch man musste bis Juni 1952 warten bis der erste Segelfluglehrgang auf dem Dolmar bei Meiningen für das Land Thüringen und auf dem Schulgleiter SG-38 die ersten Sprünge durchgeführt werden konnten.
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Auf dem Dolmar: Bilder vom Lehrgang aus dem Jahre 1953 |
Nach der Gründung der Gesellschaft für Sport und Technik (GST), am 7. August 1952, wurden die Schulgleiter SG-38 auf die neuen Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgeteilt.
Suche nach ein geeignetes Segelfluggelände
Bei der Suche nach geeignetes Fluggelände wurden die in den zwanziger und dreißiger Jahren genutzten Fluggelände auf Wiederbenutzbarkeit überprüft. Blankenhain, Harsberg, Dörnfeld, Hohenfelden, Kelbra und der Rhönberg bei Gotha.
Den ersten Start im Bezirk Erfurt führte der Erfurter Segelfluglehrer Wolfgang Hummel am 15. März 1953 auf dem Rhönberg bei Gotha aus.
Das Gelände auf der Bienstedter Warte bot sich als geeignetes Segelfluggelände und die vorhandenen Baulichkeiten als Unterbringung für Wochenendschulungen und Werkstatt an. So wurde die Bienstedter Warte Bezirksausbildungszentrum für die Segelflieger von 1954 bis 1956.
Die ungünstigen Verkehrsbedingungen dort hin veranlassten zu Überlegungen den Flugsport im Bezirk wieder zu dezentralisieren. Es entstanden die Flugstützpunkte in Bad Berka, Bad Frankenhausen, Bad Langensalza, Gotha, Nordhausen, Sömmerda und Erfurt-Nord.
Erfurt-Nord Zentrum der Erfurter Flugsportler
Das Gelände am Roten Berg in
Erfurt-Nord war den Flugsportlern nicht unbekannt. Hier existierte von 1925 bis
1939 der Erfurter Verkehrsflughafen, später bis 1945 als Fliegerhorst
genutzt. Schon 1954 wurde am Fuße des
Roten Berges ein Fallschirmturm errichtet, der am 1. Mai 1955 über-geben
wurde. Hier machten die zukünftigen
Fallschirmspringer ihre ersten Trainingssprünge von der Ringbühne mit dem
Fallschirmtyp TGS. Die Sprünge von der Höhe aus 37 Meter dauerten 11 bis 16
Sekunden. 1960 wurde der Sprungturm wieder demontiert. |
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Am 1. Mai 1956 wurde der Segelflugbetrieb auf dem Flugplatz Erfurt-Nord offiziell als Segelflugstützpunkt der Erfurter Segelflieger eröffnet. Ein „Grunau Baby II b“ mit dem Piloten Wolfgang Hummel machte den ersten Start, gefolgt vom Doppelsitzer LF-109 „Pionier“ aus tschechoslowakischer Produktion und den Schulgleiter SG-38. Ab 13.00 Uhr gab es Schau- und Gastflüge. Auch Oberbürgermeister Georg Book nutzte diese Gelegenheit und ließ sich seine Stadt von oben zeigen. | |
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Zur Eröffnung der
GST-Flugplatzes am Roten Berg Doppelsitzer LF-109 "Pionier" |
Während anfangs für die Wochenendschulungen die Kameraden ihre Segelflugzeuge am Roten Berg wieder startklar machten, konnte für längere Lehrgänge der Flughafen Erfurt-Bindersleben genutzt werden. Die Segelflugzeuge wurden in Zelten oder in den verlassenen MiG-15 Boxen während dieser Zeit untergestellt.
| Die Lehrgangsteilnehmer nutzten das dortige Blockhaus, das von den sowjetischen Streitkräften gebaut und bei der Übergabe des Militärplatzes an die Deutsche Lufthansa übergeben wurde. |
Im Mai 1957 fand auf dem Flughafen Erfurt-Bindersleben ein Segelflugwettbewerb der Thüringer Bezirke Erfurt, Gera und Suhl mit 13 Segelflugzeugen statt. Hier wurde auch der erste 5-Stundenflug vom Erfurter Wolfgang Hummel erflogen. |
Die Segelflugausbildung wurde in den Folgejahren hauptsächlich für die Ausbildung zukünftiger Militärpiloten genutzt. Einige Daten zum Flugbetrieb pro Jahr:
Flugsaison: | März bis November |
Starts: | rund 3500 |
Gesamtflugzeit: | etwa 600 Stunden |
Flüge über eine Stunde: | etwa 50 |
In den Anfangsjahren standen den Segelfliegern folgende Segelflugzeuge zur Verfügung:
Schulgleiter SG-38 | Grunau Baby II b | Meise | Lom 58 „Libelle“ | FES-530 „Lehrmeister“ |
Am 2. August 1960 flog Günter Walther aus Erfurt den ersten 5-Stundenflug in Erfurt-Nord nach dem 2. Weltkrieg. Ihm folgten noch über 50 weitere Segelflieger, die die erste Bedingung für die „Silber-C“ damit erfüllten.
Die Fallschirmsprung-Lehrgänge fanden hauptsächlich in Erfurt-Bindersleben statt. Nach 1974 wurde die Ausbildung in Sömmerda und Alkersleben durchgeführt.
Flugtage und Veranstaltungen
Am 8. Mai 1962 fand nach 24 Jahren wieder ein Flugtag am Roten Berg statt. Ein besonderes Erlebnis war der Großflugtag im Juni 1964 auf dem Flughafen Erfurt-Bindersleben. Hier wurde alles gezeigt was einen Flugtag ausmacht. Kein Wunder, denn anschließend fand vom 8. bis 14. Juni 1964 die II. Deutsche Meisterschaft im Motorkunstflug mit internationaler Beteiligung statt. | ||
Flugzeugparade der teilnehmenden Flugzeuge zum Flugtag am 8. Mai 1962 am Roten Berg. |
Zu allen Großflugtagen der Jahre 1964, 1969, 1970 kamen über 90.000 Besucher zum Flughafen Erfurt-Bindersleben. Doch zur Flugschau im Juli 1981, der Abschlussveranstaltung der IV. Wehrspartakiade der GST in Erfurt, kamen 200.000 Zuschauer, die das Können der jungen Flieger mit 99 Maschinen der GST bestaunten.
Ende und Neuanfang
Die Neubauzentren Nordhäuser Straße und Rieth schoben sich immer näher an die Grenze der Flugplatzzone Erfurt-Nord, so dass im August 1974 die GST-Flugsportler nach Alkersleben in ihr neues Ausbildungsobjekt zogen. Vermessungstrupps und Bagger nahmen den ehemaligen Erfurter Verkehrsflughafen in ihren Besitz. Eine fast 50-jährige Flugplatzgeschichte wurde abgeschlossen.
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Segelflugausbildung in Alkersleben seit 1974 | Flugtag in Alkersleben im Jahr 2000 |
Heute sind die Erfurter Segelflieger in Alkersleben zu Hause, wo auch jährlich Flugtage durchgeführt werden. Im März 1990 wurde der Segelflugclub Erfurt e. V. gegründet. Hochqualifizierte Techniker und erfahrene Fluglehrer stehen mit einem soliden Flugzeugpark den zukünftigen Fliegern zur Verfügung.
Thüringer Kunstflugpiloten Dr. Gerd Beierlein und Dieter Geipel bereichern die Flugtage in Alkersleben |
Ballonaufstiege
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Nach fast genau 50 Jahren erfolgte in Erfurt wieder ein Ballonaufstieg. Es war der erste Heißluftballonaufstieg in der Deutschen Demokratischen Republik. Zum Tag der CSSR, während der "iga 89", starte der Heißluftballon OK-8007 am 14. September 1989 um 10.00 Uhr vom Gelände der IGA und landetet nach 12 Minuten bei Azmannnsdorf, östlich von Erfurt. |
Die erste offizielle Ballonpost ab Erfurt
Anlässlich der Feierlichkeiten zum 1250-jährigen Bestehen der Stadt Erfurt, wurde von den Philatelisten der Stadt und der Deutschen Post am 14. Juni 1992 eine offizielle Ballonpostbeförderung durchgeführt.
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Bilder von den beförderten Postbeuteln, Ballon der Ballonpostbeförderung und Sonderkarte |
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Ein deutscher Rekordflug im Heißluftballon bis 3000 m³
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Der Kölner Christoph Wagner startete am 2. Februar 1997 mit dem Ballon der Warsteiner International Montgolfiade GmbH, Kennzeichen D-OWHC, zum Rekordflug in Erfurt. Nach 11 Stunden und 48 Minuten landete der Ballon vor den Toren Lüneburgs und hat die seit 13 Jahren von Ortwin Hillnhütter gehaltene Bestleistung um 24 Minuten übertroffen. |
Thüringer Ballone
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Ballon "Braugold" (rechts), über der Veste Heldburg, anlässlich der 10. Montgolfiade am 30. August 2003 in Heldburg. |
D-OGQT | D-ORLA | D-OABG |